Die europäische Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (Artikel 211) bietet den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit an, in ihren jeweiligen nationalen Umsatzsteuergesetzen festzulegen, wie die Mehrwertsteuer (Einfuhrumsatzsteuer/EUSt) für die Einfuhr von Gegenständen entrichtet werden kann.
Da Deutschland, im Gegensatz zu fast allen anderen EU-Mitgliedstaaten , von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, muss bei der Einfuhr von Waren über deutsche See- und Flughäfen die Einfuhrumsatzsteuer grundsätzlich an die Zollverwaltung entrichtet werden. Die Einfuhrumsatzsteuer kann später als Vorsteuer geltend gemacht werden.
Durch diesen Zahlungsfluss werden dem Importeur aber für einen Zeitraum X liquide Mittel entzogen. Zudem entstehen für die Spediteure, die sehr häufig die Importabwicklung und damit die Verauslagung der zu entrichtenden Einfuhrumsatzsteuer übernehmen, Ausfallrisiken.
Beides kommt in Rotterdam, dem Hauptwettbewerber der deutschen Seehäfen, nicht zum Tragen, da die Niederlande in ihrem nationalen Umsatzsteuergesetz eine solche Regelung geschaffen haben. Beim Import über die Niederlande finden keine Zahlungsflüsse statt, sodass die Nachteile bzgl. der Liquidität und Ausfallrisiken nicht auftreten.
Die deutschen See- und Flughäfen verlieren Ladungsmengen, obwohl die Importeure mit der Leistungsfähigkeit durchweg zufrieden sind, ohne hiergegen etwas ausrichten zu können.
* Nur Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien und Zypern schöpfen neben Deutschland die Möglichkeiten der Richtlinie nicht aus.
Forderung:
Der VHSp fordert – gemeinsam mit rund 30 anderen Verbänden** – Bund und Länder dazu auf, schnellstmöglich die akuten Wettbewerbsnachteile der deutschen Wirtschaft bei der Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer zu beseitigen. Die Einfuhrumsatzsteuer sollte nicht bereits zum Zeitpunkt der Wareneinfuhr zu entrichten sein, sondern – wie in Artikel 211 der EU-Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie 2006/112/EG ausdrücklich vorgesehen – bei der Umsatzsteuer-Voranmeldung direkt verrechnet werden können. Nachdem sowohl die Wirtschafts- als auch die Finanzminister aller Bundesländer die Bundesregierung einstimmig dazu aufgefordert haben, die Möglichkeiten für eine Neugestaltung/Verbesserung des Verfahrens zur Einfuhrumsatzsteuererhebung zu prüfen, müssen nunmehr zeitnah alle notwendigen Maßnahmen eingeleitet und umgesetzt werden.
**http://www.vhsp.de/anlage_morningnews/Einfuhrumsatzsteuer_Verbaendeinformation_Stand_25_06_2019.pdf