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Vorsitzer: Axel Plaß Geschäftsführer: Stefan Saß Uhlandstraße 68 22087 Hamburg E-Mail: info@vhsp.de Telefon : 040 37 47 64 - 0 Telefax : 040 37 47 64 - 75 Web: www.vhsp.de Sitz der Gesellschaft: Hamburg Amtsgericht Hamburg, VR 3860 Steuer -Nr.: 17/438/01004 HASPA: Kto. 1280 109 800 BLZ 200 505 50 BIC: HASPDEHH XXX IBAN: DE22 2005 0550 1280 1098 00 Rundschreiben AR 062/20 24 Hamburg, den 05. September 20 24 (DSLV 109 /2024/a ) sts An unsere Mitglieder! – Geschäftsleitung – Rechtsprechungsübersicht Arbeitsrecht 08/2024 ◼ BAG: Vergütung für Umkleide -, Wege - und Körperreinigungszeiten ◼ BAG: Beweis des ersten Anscheins – Briefe werden zu postüblichen Zeiten zugestellt ◼ ArbG Freiburg: Keine Probezeitkündigung ohne Präventionsverfahren Vergütung für Umkleide -, Wege - und Körperreinigungszeiten BA, Urteil vom 23. April 2024 – 5 AZR 212/23 Körperreinigungszeiten gehören zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit, wenn sich der Arbeitnehmer bei seiner geschuldeten Arbeitsleistung so sehr verschmutzt, dass ihm ein Anlegen der Privatkleidung, das Verlassen des Betriebs und der Weg nach Hause ohne ei ne vorherige Reinigung des Körpers im Betrieb nicht zugemutet werden kann. Der Arbeitnehmer ist seit 2009 als Containermechaniker beschäftigt. Zu seinen Aufga-ben gehört das „In -Ordnung -Bringen“ von Containern, das unter anderem auch das Abschleifen schadhafter Stellen und deren Nachlackierung umfasst. Bevor der Arbeit-nehmer sich am Zeiterfassungsterminal einloggt und seinen eigentlichen Arbeitsplatz aufsucht, zieht er sich im Umkleideraum die von der Arbeitgeberin bereitgestellte Schutzkleidung an. Während seiner Tätigkeit wird er häufig trotz Schutzkleidung schmutzig. Nach der Ar beit geht er wieder in die Umkleide, legt seine Schutzkleidung zur Reinigung durch die Arbeitgeberin ab und duscht oder wäscht sich. Die Umkleide - , Wasch - und Duschzeiten dürfen als Arbeitszeit nicht erfasst werden. Mit seiner Klage verlangte der Arbeitnehmer eine zusätzliche Vergütung für Wege -, Umkleide - und Körperreinigungszeiten im Umfang von täglich 55 Minuten. Wie das LAG stellt auch das BAG fest, dass eine Vergütung für Umkleide -, Körperrei- nigungs - und Wegezeiten gemäß § 611a Abs. 2 BGB dem Grunde nach in Betracht komme. Diejenige Zeit die Arbeitnehmer benötigen, um sich vor und/oder nach Erbrin-gung der Arbeits leistung zu reinigen, seien als Arbeitszeit anzusehen, wenn sie „mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusam-menhängt und deshalb ausschließlich der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient.“ Von einem solch en unmittelbaren Zusammenhang mit der eigentlichen Arbeits- leistung sei zunächst auszugehen, wenn die Körperreinigung durch den Arbeitgeber ausdrücklich angeordnet wird oder wenn zwingende arbeitsschutzrechtliche Hygiene-vorschriften eine solche verlangen. D arüber hinaus gehören Körperreinigungszeiten aber auch dann zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit, wenn sich der Arbeitnehmer bei2 seiner geschuldeten Arbeitsleistung so sehr verschmutzt, dass ihm ein Anlegen der Privatkleidung, das Verlassen des Betriebs und der Weg nach Hause – sei es durch Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs oder durch Nutzung eines eigenen Fahrzeugs – ohn e eine vorherige Reinigung des Körpers im Betrieb nicht zugemutet werden könne, so das BAG weiter. Eine „übliche Verunreinigung“ oder die Beseitigung von Schweiß und Körpergeruch reiche dafür nicht aus. Im zu entscheidenden Fall hatte das LAG jedoch keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen zur Erforderlichkeit und zum Umfang der Umkleide - und Körperreini- gungszeiten getroffen, weshalb die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wurde. Beweis des ersten Anscheins – Briefe werden zu postüblichen Zeiten zugestellt BAG, Urteil vom 20. Juni 2024 – 2 AZR 213/23 Es besteht ein Beweis des ersten Anscheins, dass Bedienstete der Deutschen Post AG Briefe zu den postüblichen Zeiten zustellen. Die Arbeitnehmerin war als Zahnärztin seit April 2021 beim Arbeitgeber mit einer vier-teljährlichen Kündigungsfrist zum Quartalsende beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte ihr mit Schreiben vom 28. September 2021 zum Ende des Jahres. Er gab das Schrei- ben als Einwurf -Einschreiben bei der Deutschen Post auf und erhielt den Ausliefe- rungsbeleg, wonach der Brief am 30. September 2021 in den Briefkasten seiner An-gestellten eingeworfen wor den war. Die Zahnärztin erhob die Kündigungsschutzklage. Sie bestritt den rechtzeitigen Zugang des Schreibens und hielt daher den 31. März 2022 für ihr Arbeitsende. Alle Instanzen wiesen jedoch ihre Klage ab, auch das BAG. Das BAG hat nämlich entschieden, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die Kündigung des Beklagten zum 31. Dezember 2021 beendet wurde, da das Kündi-gungsschreiben am 30. September 2021 zugegangen ist. Das Gericht stellte fest, dass der Arbeitgeber die arbeitsvertragliche Kündigungsfrist eingehalten habe, da das Kün- digungsschreiben am 30. September 2021 in den Hausbriefkasten der Klägerin einge-worfen wurde. Der Einwurf in einen Briefkasten bewirke den Zugang, sobald nach der Verkehrsanschauung mit de r nächsten Entnahme zu rechnen sei. Individuelle Verhält- nisse des Empfängers, wie Krankheit oder Abwesenheit, seien dabei unerheblich. Das LAG habe zu Recht angenommen, dass ein Beweis des ersten Anscheins bestehe, dass das Kündigungsschreiben am Zustellta g zu den üblichen Postzustellzeiten in den Hausbriefkasten der Klägerin gelegt wurde. Die Klägerin konnte diesen Anscheinsbe-weis nicht erschüttern, da sie keine atypischen Umstände darlegte, die einen abwei-chenden Geschehensablauf nahelegen. Hinweis: Die Entscheidung des BAG ist zu begrüßen. Die Zustellung einer Kündigung per Einwurfeinschreiben ist aber nicht zu empfehlen. Sollte der Arbeitnehmer nämlich nicht nur den Zugang der Kündigung bestreiten, sondern auch, dass es sich bei dem Einwurf -Einschreiben um die Kündigung gehandelt habe, muss der Arbeitgeber trotz des Beweises des ersten Anscheins darlegen und beweisen, dass es sich bei dem zur Post in Auftrag gegebenen Einwurf -Einschreiben um die Kündigung im Original han- delt. Deshalb bietet sich die Zustellung über einen verlässlichen Boten an.3 Keine Probezeitkündigung ohne Präventionsverfahren ArbG Freiburg, Urteil vom 4. Juni 2024 – 2 Ca 51/24 Bei Auftreten von Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis mit einem schwerbehinderten Menschen sind Arbeitgeber auch in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnis-ses verpflichtet, ein Präventionsverfahren durchzuführen (entgegen BAG, Urteil vom 21.04.2016 – 8 AZR 402/14). Ein Verstoß hiergegen kann eine verbotene Diskriminie- rung wegen der Schwerbehinderung indizieren und zur Unwirksamkeit einer Warte-zeitkündigung führen (wie ArbG Köln, Urteil vom 20.12.2023 – 18 Ca 3954/23). Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer innerhalb der ersten sechs Mo-nate des Arbeitsverhältnisses ausgesprochenen Kündigung. Der 53 -jährige Arbeitneh- mer ist schwerbehindert mit einem GdB von 50. Er ist in Kenntnis der Schwerbehinde-rung von der beklagten Stadt in Teilzeit mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 19,5 Stunden am 16. Oktober 2023 eingestellt worden. Ob dem Arbeit-geber die der Schwerbehinderung zu Grunde liegenden gesundheitlichen Beeinträch-tigungen bekannt waren, is t streitig. Der Arbeitgeber führte mit dem Kläger mehrere Mitarbeitergespräche. Nach Anhörung des Personalrats und der Schwerbehinderten-vertretung erklärte der Arbeitgeber mit Schreiben vom 6. Februar 2024 die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 29. Feb ruar 2024. Der Arbeitgeber informierte das In- tegrationsamt am 14. Februar 2024 über die Kündigung, § 173 Abs. 4 SGB IX. Vor Ausspruch der Kündigung hatte der Arbeitgeber ein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX weder eingeleitet noch abschließend durchgeführt. Der Arbeitnehmer ist der Auffassung, die Kündigung verstoße gegen das Diskriminierungsverbot des § 164 Abs. 2 SGB IX und sei deshalb rechtsunwirksam. Das ArbG Freiburg hat im Ergebnis zu Gunsten des Arbeitnehmers entschieden. Zwar habe die Kündigung nicht der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes bedurft, auch sei das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien innerhalb der erst en sechs Monate nicht anwendbar gewesen. Die Kündigung verstoße jedoch nach § 134 BGB i. V. m. § 164 Abs. 2 Satz 1 SGB IX gegen ein gesetzliches Verbot, nämlich dasjenige der Benachteiligung von Schwerbehinderten. Die Beklagte sei näm-lich ihren Verpflicht ungen zur Durchführung eines Präventionsverfahrens nicht nach- gekommen. Hinweis: D as ArbG Freiburg stellt sich mit dieser Entscheidung – ebenso wie bereits das ArbG Köln – gegen die Rechtsprechung des BAG. Es bleibt abzuwarten, ob und mit welchem Ergebnis der Rechtsstreit durch die Instanzen geht. Für die betriebliche Praxis ist die streitige Frage von erheblicher Bedeutung. Mit freundlichen Grüßen VEREIN HAMBURGER SPEDITEURE E .V. St. Saß GESCHÄFTSFÜHRER [individuell5] => ___________________ ____________________________________________________________________________________________ ________ Verein Hamburger Spediteure e.V. Vorsitzer: Axel Plaß Geschäftsführer: Stefan Saß Uhlandstraße 68 22087 Hamburg E-Mail: info@vhsp.de Telefon : 040 37 47 64 - 0 Telefax : 040 37 47 64 - 75 Web: www.vhsp.de Sitz der Gesellschaft: Hamburg Amtsgericht Hamburg, VR 3860 Steuer -Nr.: 17/438/01004 HASPA: Kto. 1280 109 800 BLZ 200 505 50 BIC: HASPDEHH XXX IBAN: DE22 2005 0550 1280 1098 00 Rundschreiben AR 062/20 24 Hamburg, den 05. September 20 24 (DSLV 109 /2024/a ) sts An unsere Mitglieder! – Geschäftsleitung – Rechtsprechungsübersicht Arbeitsrecht 08/2024 ◼ BAG: Vergütung für Umkleide -, Wege - und Körperreinigungszeiten ◼ BAG: Beweis des ersten Anscheins – Briefe werden zu postüblichen Zeiten zugestellt ◼ ArbG Freiburg: Keine Probezeitkündigung ohne Präventionsverfahren Vergütung für Umkleide -, Wege - und Körperreinigungszeiten BA, Urteil vom 23. April 2024 – 5 AZR 212/23 Körperreinigungszeiten gehören zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit, wenn sich der Arbeitnehmer bei seiner geschuldeten Arbeitsleistung so sehr verschmutzt, dass ihm ein Anlegen der Privatkleidung, das Verlassen des Betriebs und der Weg nach Hause ohne ei ne vorherige Reinigung des Körpers im Betrieb nicht zugemutet werden kann. Der Arbeitnehmer ist seit 2009 als Containermechaniker beschäftigt. Zu seinen Aufga-ben gehört das „In -Ordnung -Bringen“ von Containern, das unter anderem auch das Abschleifen schadhafter Stellen und deren Nachlackierung umfasst. Bevor der Arbeit-nehmer sich am Zeiterfassungsterminal einloggt und seinen eigentlichen Arbeitsplatz aufsucht, zieht er sich im Umkleideraum die von der Arbeitgeberin bereitgestellte Schutzkleidung an. Während seiner Tätigkeit wird er häufig trotz Schutzkleidung schmutzig. Nach der Ar beit geht er wieder in die Umkleide, legt seine Schutzkleidung zur Reinigung durch die Arbeitgeberin ab und duscht oder wäscht sich. Die Umkleide - , Wasch - und Duschzeiten dürfen als Arbeitszeit nicht erfasst werden. Mit seiner Klage verlangte der Arbeitnehmer eine zusätzliche Vergütung für Wege -, Umkleide - und Körperreinigungszeiten im Umfang von täglich 55 Minuten. Wie das LAG stellt auch das BAG fest, dass eine Vergütung für Umkleide -, Körperrei- nigungs - und Wegezeiten gemäß § 611a Abs. 2 BGB dem Grunde nach in Betracht komme. Diejenige Zeit die Arbeitnehmer benötigen, um sich vor und/oder nach Erbrin-gung der Arbeits leistung zu reinigen, seien als Arbeitszeit anzusehen, wenn sie „mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusam-menhängt und deshalb ausschließlich der Befriedigung eines fremden Bedürfnisses dient.“ Von einem solch en unmittelbaren Zusammenhang mit der eigentlichen Arbeits- leistung sei zunächst auszugehen, wenn die Körperreinigung durch den Arbeitgeber ausdrücklich angeordnet wird oder wenn zwingende arbeitsschutzrechtliche Hygiene-vorschriften eine solche verlangen. D arüber hinaus gehören Körperreinigungszeiten aber auch dann zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit, wenn sich der Arbeitnehmer bei2 seiner geschuldeten Arbeitsleistung so sehr verschmutzt, dass ihm ein Anlegen der Privatkleidung, das Verlassen des Betriebs und der Weg nach Hause – sei es durch Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs oder durch Nutzung eines eigenen Fahrzeugs – ohn e eine vorherige Reinigung des Körpers im Betrieb nicht zugemutet werden könne, so das BAG weiter. Eine „übliche Verunreinigung“ oder die Beseitigung von Schweiß und Körpergeruch reiche dafür nicht aus. Im zu entscheidenden Fall hatte das LAG jedoch keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen zur Erforderlichkeit und zum Umfang der Umkleide - und Körperreini- gungszeiten getroffen, weshalb die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wurde. Beweis des ersten Anscheins – Briefe werden zu postüblichen Zeiten zugestellt BAG, Urteil vom 20. Juni 2024 – 2 AZR 213/23 Es besteht ein Beweis des ersten Anscheins, dass Bedienstete der Deutschen Post AG Briefe zu den postüblichen Zeiten zustellen. Die Arbeitnehmerin war als Zahnärztin seit April 2021 beim Arbeitgeber mit einer vier-teljährlichen Kündigungsfrist zum Quartalsende beschäftigt. Der Arbeitgeber kündigte ihr mit Schreiben vom 28. September 2021 zum Ende des Jahres. Er gab das Schrei- ben als Einwurf -Einschreiben bei der Deutschen Post auf und erhielt den Ausliefe- rungsbeleg, wonach der Brief am 30. September 2021 in den Briefkasten seiner An-gestellten eingeworfen wor den war. Die Zahnärztin erhob die Kündigungsschutzklage. Sie bestritt den rechtzeitigen Zugang des Schreibens und hielt daher den 31. März 2022 für ihr Arbeitsende. Alle Instanzen wiesen jedoch ihre Klage ab, auch das BAG. Das BAG hat nämlich entschieden, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die Kündigung des Beklagten zum 31. Dezember 2021 beendet wurde, da das Kündi-gungsschreiben am 30. September 2021 zugegangen ist. Das Gericht stellte fest, dass der Arbeitgeber die arbeitsvertragliche Kündigungsfrist eingehalten habe, da das Kün- digungsschreiben am 30. September 2021 in den Hausbriefkasten der Klägerin einge-worfen wurde. Der Einwurf in einen Briefkasten bewirke den Zugang, sobald nach der Verkehrsanschauung mit de r nächsten Entnahme zu rechnen sei. Individuelle Verhält- nisse des Empfängers, wie Krankheit oder Abwesenheit, seien dabei unerheblich. Das LAG habe zu Recht angenommen, dass ein Beweis des ersten Anscheins bestehe, dass das Kündigungsschreiben am Zustellta g zu den üblichen Postzustellzeiten in den Hausbriefkasten der Klägerin gelegt wurde. Die Klägerin konnte diesen Anscheinsbe-weis nicht erschüttern, da sie keine atypischen Umstände darlegte, die einen abwei-chenden Geschehensablauf nahelegen. Hinweis: Die Entscheidung des BAG ist zu begrüßen. Die Zustellung einer Kündigung per Einwurfeinschreiben ist aber nicht zu empfehlen. Sollte der Arbeitnehmer nämlich nicht nur den Zugang der Kündigung bestreiten, sondern auch, dass es sich bei dem Einwurf -Einschreiben um die Kündigung gehandelt habe, muss der Arbeitgeber trotz des Beweises des ersten Anscheins darlegen und beweisen, dass es sich bei dem zur Post in Auftrag gegebenen Einwurf -Einschreiben um die Kündigung im Original han- delt. Deshalb bietet sich die Zustellung über einen verlässlichen Boten an.3 Keine Probezeitkündigung ohne Präventionsverfahren ArbG Freiburg, Urteil vom 4. Juni 2024 – 2 Ca 51/24 Bei Auftreten von Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis mit einem schwerbehinderten Menschen sind Arbeitgeber auch in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnis-ses verpflichtet, ein Präventionsverfahren durchzuführen (entgegen BAG, Urteil vom 21.04.2016 – 8 AZR 402/14). Ein Verstoß hiergegen kann eine verbotene Diskriminie- rung wegen der Schwerbehinderung indizieren und zur Unwirksamkeit einer Warte-zeitkündigung führen (wie ArbG Köln, Urteil vom 20.12.2023 – 18 Ca 3954/23). Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer innerhalb der ersten sechs Mo-nate des Arbeitsverhältnisses ausgesprochenen Kündigung. Der 53 -jährige Arbeitneh- mer ist schwerbehindert mit einem GdB von 50. Er ist in Kenntnis der Schwerbehinde-rung von der beklagten Stadt in Teilzeit mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 19,5 Stunden am 16. Oktober 2023 eingestellt worden. Ob dem Arbeit-geber die der Schwerbehinderung zu Grunde liegenden gesundheitlichen Beeinträch-tigungen bekannt waren, is t streitig. Der Arbeitgeber führte mit dem Kläger mehrere Mitarbeitergespräche. Nach Anhörung des Personalrats und der Schwerbehinderten-vertretung erklärte der Arbeitgeber mit Schreiben vom 6. Februar 2024 die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 29. Feb ruar 2024. Der Arbeitgeber informierte das In- tegrationsamt am 14. Februar 2024 über die Kündigung, § 173 Abs. 4 SGB IX. Vor Ausspruch der Kündigung hatte der Arbeitgeber ein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX weder eingeleitet noch abschließend durchgeführt. Der Arbeitnehmer ist der Auffassung, die Kündigung verstoße gegen das Diskriminierungsverbot des § 164 Abs. 2 SGB IX und sei deshalb rechtsunwirksam. Das ArbG Freiburg hat im Ergebnis zu Gunsten des Arbeitnehmers entschieden. Zwar habe die Kündigung nicht der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes bedurft, auch sei das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien innerhalb der erst en sechs Monate nicht anwendbar gewesen. Die Kündigung verstoße jedoch nach § 134 BGB i. V. m. § 164 Abs. 2 Satz 1 SGB IX gegen ein gesetzliches Verbot, nämlich dasjenige der Benachteiligung von Schwerbehinderten. Die Beklagte sei näm-lich ihren Verpflicht ungen zur Durchführung eines Präventionsverfahrens nicht nach- gekommen. Hinweis: D as ArbG Freiburg stellt sich mit dieser Entscheidung – ebenso wie bereits das ArbG Köln – gegen die Rechtsprechung des BAG. Es bleibt abzuwarten, ob und mit welchem Ergebnis der Rechtsstreit durch die Instanzen geht. Für die betriebliche Praxis ist die streitige Frage von erheblicher Bedeutung. Mit freundlichen Grüßen VEREIN HAMBURGER SPEDITEURE E .V. St. Saß GESCHÄFTSFÜHRER [15] => 62 [individuell6] => 62 [16] => [individuell7] => [17] => [individuell8] => [18] => [individuell9] => [19] => [individuell10] => [multisort] => AR 62/2024 ))
AR62/2024